Von der Vermeidung falscher Entscheidungen und Frieden
07.05.2022, von Holger Gräf
Es ist ein Dienstag, an dem der zweite Weltkrieg endet. Über den Sender Flensburg erteilt Karl Dönitz, Großadmiral und Staatsoberhaupt, den Deutschen Streitkräften am 8. Mai 1945 den Befehl zur Kapitulation. Das ist jetzt 77 Jahre her. NUR 77 Jahre! Tausende und abertausende Männer gehen in der Folge in Kriegsgefangenschaft; ihre Frauen stehen vor den Trümmern eines weitgehend zerstörten Deutschlands und beginnen mit dem Wiederaufbau.
Ich habe sie noch kennengelernt, die Generation, die bereits mit 60 Jahren alt und verbraucht war; gezeichnet von einem Leben voller Hunger, Kälte und Entbehrungen. Es ist die Generation meiner Großeltern – jene Generation, die wiedergutmachen musste, was sie selber und ihre Eltern angerichtet hatten. Denn wie jeder Krieg, so wäre auch der zweite Weltkrieg vermeidbar gewesen. Ungeachtet der Tatsache, dass und von wem er geplant und finanziert wurde und wer alles ein Interesse daran hatte, die halbe Welt in Schutt und Asche zu legen – es war letztendlich die Entscheidung der deutschen Wähler, die ihn ermöglicht haben.
Später wird man sagen, man habe das alles nicht so gewollt. Natürlich wollte man keinen Krieg. Wer, abgesehen von ein paar Psychopathen, will das schon? Aber wollen wir hier wirklich einen so großen Unterschied zwischen bewusster Absicht und leichtfertiger Naivität machen und das angesichts der Tatsache, dass wir uns heute wieder an genau solch einem Punkt befinden und gerade dabei sind, Fehler zu wiederholen?
Adolf Hitler hat sich 1933 nicht an die Macht geputscht; er wurde gewählt. Indirekt natürlich, wie es auch heute noch üblich ist. Es war auch nicht der spuckende und schreiende, der offen kriegslüsterne Hitler, in dessen Hände man damals Deutschlands Schicksal legte, es war ein Hitler der sehr viel gemäßigteren Töne. Auch wenn man heute sagt, dass man seine wahren Absichten hätte erkennen können und müssen, so waren unsere Großeltern offensichtlich nicht in der Lage, dies zu tun. Und das ist eine weitere erschreckende Parallele zur Gegenwart.
Es war die Unfähigkeit jener Generation, Gut und Böse auseinander zu halten, das perfide Spiel der Kriegstreiber zu erkennen und eine weise Wahlentscheidung zu treffen – eine Wahlentscheidung, welche das Leben von Millionen Menschen besiegelte und nicht nur die Geschichte Deutschlands für immer veränderte.
Ja, es standen sicherlich noch ganz andere Interessen hinter diesem Vernichtungsfeldzug, doch wären diese machtlos gewesen, wenn sich die Deutschen Wähler nicht für den Krieg entschieden hätten.
Dabei hatte alles so klar und eindeutig ausgesehen. Da war er, der strahlende Held, auf den alle gewartet zu haben schienen und der sich nicht nur gegen scheinbare oder tatsächliche Bedrohungen stemmte, sondern auch versprach, die elementarsten Sorgen und Nöte der Deutschen zu lösen. Der entscheidenden Wahl im Dezember 1932 war eine lang anhaltende, schwere Wirtschaftskrise vorausgegangen, ausgelöst durch einen Streik im Ruhrgebiet, welcher (dank zahlloser politischer Fehlentscheidungen) schlussendlich in einer Hyperinflation und grassierender Arbeitslosigkeit endete.
Das Ende der Misere war in den Augen vieler nur ein winzig kleines Kreuzchen entfernt. Danach würde alles wieder gut werden.
Pustekuchen!
Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Es waren diese Millionen von unscheinbaren Kreuzen, die zu all dem Leid führten. Ich erwähne das, weil wir heute wieder dabei sind, unbedarft unsere Kreuzchen an den falschen Stellen zu machen. Schon jetzt sind viele Ähnlichkeiten in der Geschichte erkennbar: Krise, Inflation, Arbeitslosigkeit, eine am Boden liegende Wirtschaft und eine scheinbare Bedrohung von außen… kennen wir das nicht? Wir sollten es zumindest kennen und würden meine Großeltern heute noch Leben, sie würden mir auf die Finger hauen, wenn ich ihnen sagen würde, dass ich die Grünen wähle.
Doch selbstverständlich werde ich nicht die Grünen wählen, und auch keine der anderen Parteien, die dieses Land seit Jahrzehnten ruiniert haben und sich nun anschicken, es wieder in einen Krieg zu führen. Wer glaubt, unter den im Parlament vertretenen Parteien gäbe es ein wählbares, geringeres Übel, wird wie so oft schon wenige Wochen später wieder enttäuscht und desillusioniert sein. Wenn die Ampelregierung in den letzten sechs Monaten eines gezeigt hat, dann, dass sich einmal mehr bewahrheitet, „Schlimmer geht immer.“
Nein, ich möchte den unseligen Kreislauf aus Krieg, Wiederaufbau, kurzer Phase des Wohlstands und erneutem Krieg endlich durchbrechen, möchte einen Neuanfang wagen. Deshalb werde ich die Partei dieBasis wählen.
Holger Gräf