von Martin Buchfink
Am 15.05.2022 startete der sogenannte Zensus 2022. Etwa 30 Millionen Bürger sollen bis November 2022 digital, schriftlich oder persönlich befragt werden. Die Basisdemokratische Partei Deutschlands sieht Kritikpunkte am Zensus 2022, die nur den Schluss zulassen, dass er in seiner jetzigen Form abzulehnen ist.
1. Datenmissbrauch
In der Bevölkerung gibt es große Bedenken wegen einer möglichen missbräuchlichen Verwendung der erhobenen Daten durch die Regierung. Insbesondere wird befürchtet, dass die Daten verwendet werden könnten, um die Bürger teilweise zu enteignen. Die Regierung verwirft diese Bedenken mit der Begründung, dass eine missbräuchliche Verwendung ungesetzlich sei. In ähnlicher Weise wurde bereits 2021 der Einsatz der Bürgerüberwachungsapp Luca gerechtfertigt. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass Polizei und Staatsanwaltschaften Daten aus der Luca-App vielfach ungesetzlich ausgewertet haben.1 Man kann hier also zu Recht davon sprechen, dass die Regierung das Vertrauensverhältnis zu den Bürgern massiv geschädigt hat. Warum sollte es den Bürgern nun zuzumuten sein, sich blind auf die Beteuerungen einer mehrfach wortbrüchigen Regierung zu verlassen?
2. Immense Kosten
Laut Pressemitteilung des deutschen Bundestags vom 26.10.2020 wird der Zensus 2022 voraussichtlich 913,9 Millionen Euro kosten.2 Knapp eine Milliarde Euro werden also für eine Befragung ausgegeben, die nicht durch die Bevölkerung gefordert wurde. Im Gegenteil: ein großer Teil der Bevölkerung nimmt trotz Aufforderung nicht – oder nur unter Androhung eines Bußgeldes – teil. Laut Pressemeldung vom 08.08.2022 haben nur 24,5 Millionen Bürger ihre Daten eingereicht. Das bedeutet, dass etwa 18 – 20% der aufgeforderten Bürger ihre Daten noch nicht eingereicht haben, obwohl der Stichtag des Zensus der 15.08.2022 ist. Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass innerhalb einer Woche knapp 6 Millionen Menschen ihre Daten einreichen. Diese Daten nachzufordern wird weitere beträchtliche Kosten verursachen. Der Zensus 2022 ist also ein weiteres Beispiel, das zeigt wie die Regierung Steuergelder für Projekte, die nicht durch die Bürger mitgetragen werden, verschwendet. Gelder die in der Bildung oder zur Entlastung einkommensschwacher Mitbürger verwendet werden könnten. Diese Fehlallokation von Steuergeldern lehnt dieBasis ab.
Darüber hinaus stellt sich die Frage, warum deutsche Steuerzahler für einen Zensus aufkommen, der augenscheinlich von internationalen Institutionen beauftragt wurde. Der Zensus geht zum einen auf die EU-Verordnung Nr. 763/2008 zurück, damit „die EU ihre Regional-, Sozial- und Umweltpolitik entwickeln kann“.3 Und zum anderen auf eine parallele Forderung der UNO, die diese Daten braucht, um ihre weiteren Aktivitäten im Bereich „Nachhaltige Entwicklung“ – auch bekannt als Agenda 2030 – zu planen.4 Die UNO hat allerdings 2019 eine strategische Partnerschaft mit dem Lobbyverband „Weltwirtschaftsforum“ gebildet, um genau diese „Nachhaltige Entwicklung“ voranzutreiben.5 Es ist daher davon auszugehen, dass die durch den Zensus erhobenen Daten letztlich verwendet werden, um die Interessen des einflussreichsten Lobbyverbands der Welt – unter dem Deckmantel des Greenwashings – durchzusetzen. Somit wären in Deutschland knapp eine Milliarde Euro Steuergelder für die Interessen des Weltwirtschaftsforums ausgegeben worden. Der Bürger zahlt, um zum verwertbaren Produkt wirtschaftlicher Interessen zu werden. Das ist mit aller Vehemenz abzulehnen und zu verurteilen.
3. Der Einsatz von Interviewern
Etwa 100.000 Interviewer schickt die Regierung von Haustür zu Haustür, um knapp 10 Millionen Bürger direkt zu befragen.6 Dies trägt nicht nur einen beachtlichen Teil zu den Kosten des Zensus bei, sondern zeugt erneut von absolut widersprüchlicher Regierungspolitik. Bereits im März 2022 warnte Gesundheitsminister Karl Lauterbach vor einer angeblich nahenden Covid-19 Sommerwelle.7 Am 14.06.2022 – während die persönlichen Befragungen also bereits liefen – gab Lauterbach dann per Twitter bekannt, dass die Sommerwelle eingetreten sei.8 Und noch Anfang Mai warnte Lauterbach mehrfach vor den Gefahren einer Long Covid-Erkrankung im Sommer.9 Das Bundesgesundheitsministerium mahnte am 05.05.2022 ausdrücklich zur Vorsicht, denn eine Infektion im Sommer sollte unbedingt vermieden werden.10
Folgt man nun der Maßnahmenargumentation der Regierung, so wäre der Einsatz von 100.000 Interviewern demnach nichts anderes als die bewusste Herbeiführung von Superspreaderereignissen. Die Regierung hätte also den entstandenen gesundheitlichen Schaden in der Bevölkerung voll zu vertreten. Entweder geht man also in der Bundesregierung davon aus, dass Karl Lauterbach die Bevölkerung desinformiert hat, als er wiederholt von einer Gefahr für die Bürger sprach, oder man nimmt den Schaden für Bürger und Gesundheitssystem wissend in Kauf. Anders sind Massenbefragungen während einer angeblichen Sommerwelle nicht zu erklären. In beiden Fällen stellt sich die Frage, warum man als Bürger seine Daten in die Hände einer Regierung geben sollte, die offensichtlich nicht im besten Sinne für die Bürger handelt.
4. Fehlerhafte Software
Der Focus berichtete am 20.07.2022, dass es in den Kommunen „erhebliche Bedenken“ bezüglich einer erfolgreichen Beendigung des Zensus gibt. Grund dafür seien „Schwierigkeiten mit dem Programm“, die zu „Verzögerungen in der Datenerfassung“ führten. Des Weiteren soll es zu „Programmabbrüchen“ während der Datenerfassung durch die Erhebungsstellen kommen. Es wird befürchtet, dass „das Ergebnis … beeinträchtigt und verzerrt“ werden könnte.11 Die verwendete Software ist also nicht nur problematisch, sondern könnte auch zu Daten von minderwertiger Qualität führen. Entscheidungen der Regierung, die auf minderwertigen Daten beruhen, können unvorhersehbare negative Konsequenzen nach sich ziehen. Dies kann man aktuell an der hohen Inflation beobachten, die auf die jahrzehntelange fahrlässige Geldpolitik der EZB, die katastrophalen Corona-Maßnahmen und die Reaktion Deutschlands und der EU auf den Ukraine-Russland-Konflikt zurückzuführen ist.
5. Klagewelle der Kommunen
Als Folge einer qualitativ minderwertigen Datenerfassung könnte eine Klagewelle der Kommunen gegen den Bund entstehen. KOMMUNAL berichtet, dass sich einige Kommunen „durch falsche Einwohnerzahlen benachteiligt sehen“ könnten und daher womöglich den Klageweg beschreiten. Die betroffenen Kommunen könnten sonst bei der Zuweisung finanzieller Mittel benachteiligt werden.12 Der Zensus könnte also weitere unvorhersehbare Folgekosten und eine zusätzliche Belastung des Justizsystems und des Steuerzahlers nach sich ziehen. Wenn ein Mittel ein qualitativ schlechtes Ergebnis erzeugt und dadurch Folgeprobleme verursacht, sollte man das Mittel als solches in Frage stellen.
6. Fragwürdige Ausschreibungspraxis
Das der Zensus mit Hilfe der US-amerikanischen Firma Cloudflare umgesetzt wird, hatte nach scharfer Kritik bereits den Datenschutzbeauftragten des Bundes auf den Plan gerufen.13 Auch wenn dieser die Bedenken bezüglich der Datensicherheit ausgeräumt hat (die Überprüfung ist tatsächlich noch nicht vollends abgeschlossen), bleibt bei der Zusammenarbeit mit Cloudflare ein unangenehmes „Geschmäckle“ zurück. Tatsächlich wurde der Auftrag an Cloudflare nämlich direkt vergeben und nicht ausgeschrieben.14 In einer Zeit in der gegen ehemalige Bundestagsabgeordnete wegen des Verdachts auf Korruption ermittelt wurde15 und selbst die Redlichkeit des Kanzlers, wegen seiner unklaren Beteiligung am Cum-Ex-Skandal, in Frage gestellt wird16, sollten Regierungsaufträge frei von jedem Verdacht der Vorteilsnahme sein. Diese kann ohne Ausschreibung aber letztlich nicht ausgeschlossen werden.
7. Betrugsfälle
Mittlerweile warnen Kommunen bereits davor, dass durch die Zensusbefragung Betrügern eine neue Möglichkeit geboten wird, um Bürger zu schädigen.17 Die Betrüger geben sich dabei als Interviewer aus, um sich sensible Daten wie Konto- oder Kreditkartennummern zu verschaffen, oder direkt Zugang zu den Räumlichkeiten zu erhalten, um Wertgegenstände zu stehlen.18 Der Zensus wird also zu einem Schaden bei einzelnen Bürgern und einer unnötigen zusätzlichen Belastung der Polizeikräfte und Justiz führen. Die Regierung ist gehalten Schaden von Bürgern und Land abzuhalten und nicht zusätzliche Probleme zu generieren. Nach über zwei Jahren konfuser, bürgerfeindlicher Politik sollte sich die Regierung diesen Grundsatz wieder zu Herzen nehmen.
Der gläserne Bürger
Es bleibt abschließend festzuhalten, dass in der Regierung und den deutschen Behörden zunehmend das Verständnis für die Wichtigkeit des Datenschutzes erodiert. Das Handelsblatt berichtete Anfang des Jahres, dass behördliche „Kontoabfragen zuletzt fast exponentiell gestiegen“ seien.19 Die Abfrage von Daten bei IT-Providern hat sich zudem innerhalb weniger Jahre fast verdreifacht und die Fälle von Telekommunikationsüberwachung mehr als verdoppelt. Und hierbei wurden nur die Zahlen bis 2019 berücksichtigt. Mit der Einführung der Bürgernummer werden die Abfragen durch Behörden weiter ansteigen.20 Und der Kontroll- und Überwachungswahn der Regierung, der sich ab 2020 entfaltete, ist bei diesen Zahlen noch nicht berücksichtigt. Zur Erinnerung: jeder Gastronom und Friseur musste in unverantwortlicher Weise Daten über seine Kunden sammeln.21 Telekommunikationskonzerne gaben die Nutzungsdaten ihrer Kunden an den Staat heraus, damit Bewegungsprofile erstellt werden konnten.22 Eine Entwicklung, die man nur als Sündenfall biblischen Ausmaßes bezeichnen kann. Sollte dieser Weg weiter beschritten werden, stehen in Deutschland die Tore für totalitäre Allmachtsphantasien, wie der Einführung eines Sozialkreditsystems nach chinesischem Vorbild, offen.23 Spätestens mit der Einführung des digitalen Euros24 wäre dann die totale Kontrolle des Bürgers durch einen maßlosen Staat möglich. Der Staat treibt die Entwicklung vom mündigen Bürger zum staatlich verwalteten Untertan voran. Es muss daher ein Umdenken stattfinden. Datenerhebungen müssen auf das notwendige Minimum reduziert werden. Der Staat muss nicht allwissend sein, sondern schlank und intelligent.
dieBasis lehnt daher den Zensus 2022 ab und fordert die Einstellung von allen zukünftigen, unnötigen Datenerhebungen. dieBasis steht für ein freies und selbstbestimmtes Leben eines jeden Menschen.
Ein Musterschreiben zum Datenschutz von Prof. Dr. Martin Schwab findet ihr hier.
Quellen:
2 https://www.bundestag.de/webarchiv/presse/hib/2020_10/801036-801036
4 https://www.un.org/ga/search/view_doc.asp?symbol=E/RES/2015/10
6 https://www.zensus2022.de/DE/Aktuelles/PM_Interviewerinnen_und_Interviewer_beim_Zensus2022.html
7 https://twitter.com/tagesschau/status/1500058637158526978
8 https://twitter.com/Karl_Lauterbach/status/1536619422584020992
9 https://twitter.com/Karl_Lauterbach/status/1520747493822287873
10 https://twitter.com/BMG_Bund/status/1522225968299003904
12 https://kommunal.de/zensus-kommunen-zweifeln-an-ergebnis
13 https://www.bfdi.bund.de/SharedDocs/Kurzmeldungen/DE/2022/05_Zensus-2022-Cloudflare.html
16 https://www.focus.de/politik/kahrs-2_id_131436619.html
17 https://kreis-ahrweiler.de/warnung-vor-falschen-erhebungsbeauftragten-des-zensus-2022/
18 https://www.mdr.de/brisant/zensus-fragen-betrueger-100.html
23 https://www.sueddeutsche.de/kultur/sozialekreditsysteme-zustimmung-in-deutschland-1.5627964