Der Reichelt hat seine Schuldigkeit getan, der Reichelt kann gehen.

(Ein Kommentar)

Nicht bei Othello steht ein ähnliches geflügeltes Wort, sondern bei Schiller. Dort ist es auch die Arbeit, die getan wurde, nicht die Schuldigkeit. Das Ergebnis bleibt dasselbe: Julian Reichelt musste seinen Hut nehmen und den Chefsessel bei BILD verlassen.

Ja, viele in unserer Partei dieBasis hatten sich seinerzeit gefragt, was plötzlich mit der BILD los sei, als sie vor wenigen Monaten den Chor der Claqueure verließ und begann, gegen den Irrsinn der Corona-Plandemie anzuschreiben und mit Bild TV auch via Fernsehen Kritik unters Volk brachte. Ein Volkssender sozusagen.

Die Erklärung: Es gab einen Wechsel der Eigentümerstruktur hin zur US-amerikanischen, börsennotierten Beteiligungsgesellschaft Kohlberg Kravis Roberts (KKR), denen eine „Nähe zu Donald Trump“ nachgesagt wird. Die plötzliche Kritikfreudigkeit hatte vermutlich mit der Hoffnung der Investoren zu tun, im Vakuum der kritischen Berichterstattung in Deutschland jetzt mit aufgefrischtem BILD-Krawall mehr Leser, Abonnenten, Zahlungswillige zu rekrutieren.

Aus einigen Gesprächen innerhalb von dieBasis ging hervor, dass es plötzlich auch Basis-Mitglieder mit einem Bild-Plus-Abo gab. So weit, so erfolgreich diese Strategie.

Man darf aber eines auch nicht übersehen. Die Herrschaften – und das ist im wahren Wortsinn gemeint – haben natürlich nicht vorgehabt, die wachsende Zahl der kritischen Stimmen im Vorfeld der Wahlen in ein relevantes Gewicht fallen zu lassen. Da bedient man sich gern der alten Regel „divide et impera“ (teile und herrsche). Und damit reihte sich BILD eben doch nur ein in die Versuche, eine Protestbewegung klein zu halten und den Dampf aus dem Kessel zu nehmen, die Kräfte verpuffen zu lassen.

So wie auch Bundestagspräsident Schäuble ein alter Fuchs ist, der eben auch genau weiß, wie die große Politik zur „Entbündelung“ und Zerfaserung der kritischen Kräfte beitragen kann. Die wachsende Bedeutung von dieBasis, die innerhalb kürzester Zeit zur neuntstärksten Partei anwuchs, aber auch andere Parteien, wie die Freien Wähler, waren durchaus Thema in den Fraktionssitzungen der CDU-CSU-Union, wie man aus „Gesprächen am Kamin“ schlussfolgern konnte. Das Vierteln der Unterstützungsunterschriften war kein Gnadenakt für die neuen, kleinen Parteien. Im Gegenteil: Je tiefer die Latte gelegt wurde, umso mehr Kleinstparteien konnten diese überspringen, sich gegenseitig Konkurrenz machen und die kritische Wählerschaft zersplittern und jeweils unter der willkürlichen 5%-Marke halten. Denn diese hatte man natürlich nicht geviertelt für mehr Chancengleichheit. Man hatte die Chancen damit eher gevierteilt. Die 1,25% hätten sowohl dieBasis als auch die Freien Wähler und ebenso die Tierschutzpartei übersprungen. Interessante Impulse im Parlament wären das geworden, vielleicht ein Zusammenschluss in vielen Sachfragen. Aber mit „teile und herrsche“ wurde das verhindert…

…mit gezielten innerparteilichen Querelen übrigens auch. Dafür reichten einige Gerüchte, unbewiesene, wüste Behauptungen über alle Kanäle verbreitet und ein wildes gegenseitiges Hauen und Stechen war die Folge. Ziel erreicht. SoKo „Transparenz“ ermittelt zwar noch….die Wahl ist aber trotzdem gelaufen. Gut gesteuert ist eben auch verloren…

So hatte eben auch die BILD eine Aufgabe im „großen Kontext“. Jetzt ist wieder die Zeit für eine Kurskorrektur. Und wie wird man nach der Wahl die Geister in der BILD wieder los, die man rief? Das ist recht einfach. Man beauftragt ein „Rechercheteam“ beim Springer-Konkurrenten Ippen. Damit der nicht als billiges Konkurrenten-Petzen nach dem Motto „Herr Lehrer, ich weiß was“ daherkommt, stoppt Ippen persönlich die Veröffentlichung, der der Konkurrenz ja nicht plump schaden wolle. Aber sicher doch, deshalb hat er die Recherchen auch nicht vorher oder noch im Anfangsstadium gestoppt. Hose, Kneifzange, ja, nee, schon klar. Das Entrüstungsmanagement der pressefreiheitlichen Journalist:innen funktioniert diesmal auch außen. Außerhalb Deutschlands in der New York Times. Diesmal zitiert man sogar hierzulande genüsslich daraus, beklagt den Angriff auf die Pressefreiheit durch einen Verleger und schießt den Reichelt damit letztlich doch ab, was man im Frühjahr bei Springer noch zu parieren wusste und wollte. Denn er habe ja Frauen protegiert, diese in Positionen gehievt, in denen sie versagen mussten. Ah, ja, das Peter-Prinzip ist offenbar doch geschlechterneutral. Das wird aber gerade nicht argumentativ benötigt, also Klappe zu Thema! Wie viele Männer er an den Rand der jeweiligen Leistungsfähigkeit befördert hat, bleibt auch uninteressant und unerwähnt, denn sonst funktioniert ja der Vorwurf der sexuell motivierten Angeblichkeiten nicht mehr.

Nun also ein Nachfolger, der bisher bei der „Alpen Prawda“ (Süddeutsche Zeitung) gedient hat und ganz sicher nicht Reichelts Linie fortführen wird. Das wäre auch gar nicht gewollt.

Die BILD war nie ein Freund von dieBasis. Als man unsere Wahlveranstaltung in Berlin auf dem Leipziger Platz verboten und behindert hat, hat das BILD zwar erwähnt, aber tunlichst unseren Namen verschwiegen. BILD ist und bleibt Teil des Systems oder von „Apparatus“. Im Umgang mit uns wird sich also erstmal nichts ändern

Aber nicht nur die Revolution frisst ihre Kinder. Auch bei BILD springern die über die Klinge, wenn es für Macht und Geld nützlich ist. Reichelt wird weich fallen. Boris Reitschuster und auch Anselm Lenz haben Angebote gemacht. Wir freuen uns auf die Antwort, wenn sich Reichelt dort zum Gärtner macht. Aber jetzt genug der geflügelten Worte…