Macht Norderstedt gemeinsame Sache mit Linksextremisten?

von einem Mitglied aus dem KV Segeberg

Ein Erlebnisbericht

Im Norderstedter Rathaus fand am 27.09.24 ein Workshop statt mit dem interessanten Titel: „Argumentationstraining gegen rechte Stammtischparolen“.

Im Rahmen der „Interkulturellen Wochen 2024“ sollten hier Handlungsmöglichkeiten aufgezeigt werden in der Auseinandersetzung mit rechten und rassistischen Parolen. Über „deutliches Positionieren, Widerspruch und engagierte Diskussion, um die Stimmung in unserem Umfeld zu beeinflussen“ sollte auch „unentschlossenen Menschen ein Beispiel“ gegeben werden. So stand es im Ankündigungsflyer.

Organisiert wurde der Workshop von „Norderstedt ist weltoffen“ in Kooperation mit „Aufstehen gegen Rassismus“, deren Referenten durch den Abend führten. In zwei Stunden lernen, sich gegen  „rechtes Gedankengut“ und Rassismus zu wehren!

Beitragsbild Gute Hetze - Böse Hetze

Einleitend wurde den Teilnehmern ein sofortiger Rauswurf aus der Veranstaltung angedroht, wenn sie „etwas Falsches sagten“. Das führte zu allgemeiner Verunsicherung, da zu Beginn weder definiert wurde, was falsch, rechts, rechte Parole oder rechtes Gedankengut ist, noch, was genau Rassismus ist und wo er anfängt.

Der Veranstaltungsraum im Rathaus war gut gefüllt mit ca. 30 Menschen im Alter von Mitte 20 bis ins Seniorenalter.

Das Programm startete mit einer kurzen Vorstellung der Organisatoren:

Petra Vogt vom Bündnis „Norderstedt ist weltoffen“ begrüßte die Gäste und gab gleich weiter an Tobias und Viktoria von der Bewegung www.aufstehen-gegen-rassismus.de . Das Pärchen im Alter von um die 30 Jahren führte durch den Abend.

Die anwesenden Teilnehmer wurden gebeten, sich einzeln mit Vornamen und Organisation vorzustellen. Das überraschte, da die Einladung eher an Privatpersonen gerichtet gewesen schien. Wie sich bei der kurzen Vorstellungsrunde herausstellte, waren Mitglieder der Parteien „WIN – Wir in Norderstedt“, „Volt“ und „Die Partei“ anwesend sowie eine Dame von „Omas gegen rechts“, mehrere Mitglieder des „Bündnisses für Demokratie und Vielfalt Henstedt-Ulzburg“, des Bündnisses „Norderstedt ist weltoffen“, des „Sozialen Zentrums“ sowie mehrere Privatpersonen.

Als eine Teilnehmerin während ihrer Vorstellung das Wort „Menschheitsfamilie“ erwähnte, einen Begriff, den mancher vielleicht aus Vorträgen des Schweizer Historikers Dr. Daniele Ganser kennt, hörte man sofort Getuschel unter den Mitgliedern des Bündnisses Henstedt-Ulzburg: „Na die hat ja wohl jetzt schon verschissen…“

Die Stimmung in diesem Frauengrüppchen war von Beginn an grundlos leicht aggressiv und unangenehm. Sie brüsteten sich offen damit, in Henstedt-Ulzburg erfolgreich regelmäßig die Demonstrationen gegen die Landesparteitage der AfD zu organisieren.

Generell zog sich durch die gesamte Veranstaltung eine offen geäußerte Ablehnung gegenüber der AfD. Der Referent Tobias brüstete sich stolz mit seinem Hobby: „AfD-Domains sammeln“. Er reserviert auf eigene Kosten potentielle Namen für Webseiten der AfD, um der Partei das Einrichten von Homepages zu erschweren (z.B. www.afd-kaltenkirchen.de“).

„Aufstehen gegen Rassismus“ arbeitet mit verschiedenen Organisationen zusammen und hat sich selbst als Hauptziel die Bekämpfung der AfD gesetzt. Die AfD sei die größte extremistische Bewegung in Deutschland, so die Referentin Viktoria. Es gebe neben Rechtsextremismus natürlich auch Linksextremismus. Beides sei schlimm und Extremismus irgendwann sektenartig. Diese Aussage ist sehr interessant, wenn man beachtet, dass in der Präsentation über „Aufstehen gegen Rassismus“ unter den Unterstützerorganisationen auch der „VVN-BdA e.V.“ aufgelistet war. Auf Nachfrage einer Teilnehmerin wurde erklärt, dies sei die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“. Laut eigener Recherchen wurde dieser Verein im Jahre 2018 vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz als linksextrem eingestuft. Auch wenn er im neuesten Verfassungsschutzbericht nicht mehr erwähnt wird, bleibt ein flaues Gefühl. Dazu kommt, dass man beim Blick auf die Webseite von www.norderstedt-ist-weltoffen.de gleich auf der ersten Seite einen Link findet zur „Interventionalistischen Linken“. Auf deren Seite finden sich schnell linksextremistische Aussagen wie:  „…die IL ist heute eine der größten linksradikalen Strukturen im deutschsprachigen Raum.“ Und „…Deshalb muss dieser Nationalstaat abgeschafft werden – ebenso wie die Europäische Union, die Kapitalinteressen bedient und die Festung Europa organisiert.“

Hier muss die Frage erlaubt sein, ob die „weltoffene“ Stadt Norderstedt sich durch das Angebot dieses Workshops bewusst oder unbewusst gemein gemacht hat mit linksextremistischen Vereinigungen. Sind inzwischen alle Mittel erlaubt im sogenannten „Kampf gegen rechts“?

Die beiden Referenten von „Aufstehen gegen Rassismus“ machten in ihrer Vorstellung auch ordentlich Werbung für „merch“, wie sie es nannten: Werbe-Artikel, wie T-Shirts, Buttons, Stoffbeutel mit Aufschriften wie „FCK NZS“ etc.

Auf die Frage nach der Finanzierung dieser Workshops und Werbeartikel kam zunächst die Antwort, sie erhielten keine öffentlichen Fördermittel, weil sich „Aufstehen gegen Rassismus“ das neue Ziel „Kampf gegen die AfD“ gesetzt habe. Sie seien auf ehrenamtliche Mitarbeit angewiesen. Auf Nachhaken hieß es dann, der „VVN-BdA e.V.“ finanziere die technische Infrastruktur, aber ansonsten hätte man rein gar nichts mit dem Verein zu tun. Auf einer der nächsten Seiten der Präsentation wurden dann wiederum ziemlich offen Spenden für den VVN-BdA e.V. eingeworben.

Im weiteren Verlauf des Workshops wurden die Anwesenden zum besseren Arbeiten räumlich in zwei Teile getrennt. Aufgabe war für beide Gruppen, im Zeitraum von 30 Minuten von jedem Teilnehmer persönliche Erlebnisse in Zusammenhang mit rechten oder rassistischen Äußerungen zu erfahren. Der Rest der Gruppe sollte dazu seine Meinung äußern und Lösungsvorschläge bzw. Hilfestellungen geben. Den Gruppenmitgliedern fiel es anfangs schwer, so ad hoc ein Erlebnis zu erinnern und zu schildern. Ein Teilnehmer wusste von einer diskriminierenden Äußerung im Zusammenhang mit dem Tragen von Kopftüchern zu berichten. Eine Teilnehmerin hatte an ihrer Arbeitsstelle im Amtsgericht mit Reichsbürgern zu tun und eine Dame traf in ihrer Position als Seniorenbetreuerin immer wieder auf ältere Menschen, die Ängste äußerten vor Flüchtlingen, die ihnen ihre Wohnung wegnehmen könnten und dunkelhäutigen Menschen, die in der Nachbarschaft wohnen. Verständliche Ängste, wenn man bedenkt, wie die Vorbehalte vor Menschen mit anderer Hautfarbe, Flüchtlingen und Migranten in den Medien immer wieder geschürt werden durch Berichte über fehlenden Wohnraum und Gewaltdelikte wie Messerattacken, Massenvergewaltigungen oder andere kriminelle Übergriffe.

Eine jüngere Teilnehmerin berichtete von einem Verwandten, der sich in unterschiedlichen Medien informiert, daraus eine Schnittmenge für sich bildet und seine Meinungen entsprechend äußert. Die darauffolgende Nachfrage, was daran falsch sei, erzeugte erst einmal Verunsicherung. Vermutlich waren es „die falschen Medien“, aus denen der Mann seine Informationen bezog. Der Gruppenleiter Tobias erwähnte nämlich daraufhin sofort, dass sogenannte „Fake News“ sehr einfach auf der Homepage der „Faktenchecker“ und von „Correctiv“ entlarvt würden. Auch das antifaschistische Pressearchiv sei eine gute Quelle. Außerdem könne man voll auf die Nachrichten bei ARD, ZDF und bei den öffentlich-rechtlichen Radiosendern sowie den Tageszeitungen vertrauen. Gegensätzliche Behauptungen seien typisch für „die andere Seite“.

Als beide Gruppen wieder zusammenkamen, erhielten wir einen kurzen Vortrag zu „Gesprächsstrategien“. Dies konnte aufgrund der fortgeschrittenen Zeit jedoch nur kurz angerissen werden.

Zum Schluss des Workshops sollte noch ein Rollenspiel durchgeführt werden: „Nazi“ gegen „Normalos, also uns“. Daran hatten die Teilnehmenden jedoch offensichtlich kein großes Interesse mehr und entschieden sich mehrheitlich, den Heimweg antreten zu wollen. Die etwas enttäuschten Referenten drückten daraufhin schnell allen noch eine gedruckte Zusammenfassung des Vortrages zu Gesprächsstrategien in die Hand und beendeten damit den Abend.

Was habe ich persönlich aus diesem Workshop mitgenommen?

Mein Eindruck war, hier Menschen getroffen zu haben, die durch Altmedienkonsum beeinflusst und sehr verunsichert waren und solche, die angetrieben werden von ihrem Hass auf politisch anders Denkende und vor allem die AfD.

Diese hasserfüllte Gruppe von Menschen aus dem Workshop hat kein Interesse daran, auf andere zuzugehen, um auf Augenhöhe zu kommunizieren. Sie sonnen sich regelrecht in ihrem Gefühl, alles richtig zu machen, und erheben sich gern über andere. Teilweise hatte ich den Eindruck, dass sie direkt Gefallen daran finden, Gegner zu haben, die öffentlich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werden dürfen unter Rückhalt durch die Medien und die vermeintliche Mehrheit.

Ist so eine Haltung wirklich besser als das, was die AfD macht? Ich will hier keine Lanze für die AfD brechen, aber aufzeigen, dass auch auf der Seite der sogenannten Gutmenschen nicht alles gut ist, was nach außen so scheint. Auch hier wird offen gehetzt (auf Demos gegen die AfD), ausgegrenzt (die AfD darf nicht ins Bürgerhaus) und diskriminiert (mit der AfD spricht man nicht). Und das sind nur einige Beispiele.

Verständnis für Menschen mit anderer politischer Meinung aufzubringen, scheint verpönt. Es geht nicht vorrangig darum, Flüchtlinge in das soziale Gefüge zu integrieren, ideologisch fehlgeleitete Politik in ihre Schranken zu weisen, ein gutes Leben für alle Bürger Deutschlands zu ermöglichen, die Bürger von unten her in die Politik einzubinden (Stichwort: direkte Demokratie) – nein! Es geht vielen anscheinend nur darum, eigene Aggressionen abzubauen. Das Ziel ist nicht verständnisvolle Zusammenarbeit, sondern Spaltung und Ausgrenzung. Hinter so mancher – vielleicht unabsichtlich – rassistischer oder radikaler Aussage stehen andererseits häufig unbestimmte, aber reale Ängste, die es zu ergründen gilt. Wenn das gelingt, könnte man gemeinsam an lebenswerten Zielen für alle in Deutschland arbeiten.

Eine Auflösung von Ausgrenzung und Spaltung ist meiner Auffassung nach nur in Zusammenarbeit mit den Altmedien zu erreichen. Solange immer noch die Mehrheit der Menschen sich ausschließlich über die Altmedien (ARD, ZDF, Tageszeitungen, öffentliche Radiosender) informiert, die nicht wirklich frei und unabhängig sind und viel zu wenig kritisch recherchieren und berichten, wird eine Heilung der Spaltung noch sehr, sehr viel Zeit benötigen. Arbeiten wir gemeinsam daran! Mit Achtsamkeit und verständnisvollem Umgang miteinander!


Anmerkung der Redaktion: Unser Mitglied hat eine Bürgeranfrage bei der Stadtverwaltung gestellt.

„Ist der Stadt Norderstedt bekannt, dass der am 27.09.24 in den Räumen des Rathauses stattfindende Workshop „Argumentationstraining gegen rechte Parolen“ in Zusammenarbeit mit www.aufstehen-gegen-rassismus.de veranstaltet wird, welches eine Bewegung des Vereins „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) e.V.“ ist, die wiederum bereits im Jahr 2018 vom bayrischen Verfassungsschutz als „linksextremistisch“ eingestuft wurde? Wenn wir es richtig verstehen, wird hier also, kurz zusammengefasst, ein Workshop von „Linksextremisten“ angeboten, gegen „rechte Parolen“. Ist es das, was Norderstedt unter „weltoffen“ versteht? Eine Zusammenarbeit mit der Antifa?“

Eine Rückmeldung steht noch aus.

 

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