von Holger Gräf
Er ist DER Held unserer Generation. Er hat die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen der vergangenen Jahrzehnte aufgedeckt, willkürliche Morde an Zivilisten angeprangert und eine systematische Folterung von Kriegsgefangenen offenbart. Wäre derjenige, den Julian Assange damit an den Pranger stellte, ein kleiner Diktator eines unbedeutenden Landes oder gar ein einzelner Massenmörder – der Mann wäre mit Ehrungen und Auszeichnungen nur so überhäuft worden, wäre als der Held gefeiert worden, der er ist. Doch leider sind es die USA, die all diese Verbrechen begangenen haben. Die anzugreifen bedeutet jedoch, dass man seine eigenen Menschenrechte getrost an den Nagel hängen kann. Und so sitzen nicht etwa George W. Bush und Barack Obama, die all diese Menschenrechtsverletzungen, systematischen Morde und Folterungen bewilligt und zu verantworten hatten, in Haft, sondern derjenige, der sie aufdeckte.
Es ist schon eine verkehrte Welt, wenn man nicht die Täter verfolgt, sondern deren Ankläger. Es ist eine Welt, in der nur (ja ausschließlich nur) das recht des Stärkeren gilt. Wie auf einem Schulhof spielt es keine Rolle, wer letztendlich im Recht ist – der Pausenschläger setzt seinen Willen mit dem Faustrecht durch.
Das Tragischste an der ganzen Sache ist jedoch, dass die Welt seelenruhig dabei zusieht. Nicht nur die Politik, nein, buchstäblich alle Menschen. Hier und da mag es einmal zu einem Aufschrei kommen, doch zieht niemand wirklich Rückschlüsse aus den Ereignissen, die sich vor seinen Augen abspielen. Diese müsste lauten: „Nein, bei den USA handelt es sich nicht um einen demokratischen Rechtsstaat, der für Frieden in der Welt steht.
Es handelt sich vielmehr um einen Staat, der mit brutaler Waffengewalt verdeckt agiert und dabei den Geist der Gründungsväter der amerikanischen Verfassung mit Füßen tritt.“
(Man muss an dieser Stelle natürlich darauf hinweisen, dass hier keineswegs der Amerikanische Bürger gemeint ist, sondern vielmehr die US-Regierung.)
Diese Erkenntnis wäre gerade jetzt wichtig, da wir uns einmal mehr im Gefolge dieser Gewaltmacht befinden und seelenruhig dabei zusehen, wie sich unsere Politik ihr anbiedert und alles umsetzt, was sie vorgibt. Denn diese Erkenntnis würde uns zu der Überlegung führen, ob unsere Bundesregierung tatsächlich weiß, was sie tut und ob sie den Schwur, den jeder Minister bei seinem Amtsantritt leisten muss, nämlich Schaden von Deutschland und dem Deutschen Volk abzuwenden, überhaupt einhalten WILL.
Wozu mag ein Staat, der derartig dünnhäutig auf die Enthüllung seiner Verbrechen reagiert, noch alles fähig sein? Wie egal ist ihm das Schicksal der Europäer insgesamt und der Deutschen im Speziellen?
Wenn nun nicht in letzter Sekunde noch ein Wunder geschieht, wird der Wikileaks-Gründer und Friedensaktivist in Kürze an die USA ausgeliefert werden. Dies hatte das Britische Innenministerium am 17. Juni 2022 beschlossen – final, wie es heißt.
In den USA drohen Assange bis zu 175 Jahre Haft und wenn man zugrunde legt, wie die USA generell mit politischen Gegnern umgehen, dann wird diese Haft keine bloße Aufbewahrung in einer Zelle sein. Vielmehr müssen wir davon ausgehen, dass man den größten Helden unserer Generation schwerst misshandeln und foltern wird. Um Nachahmer abzuschrecken und weil man es eben kann.
Ist das die Welt, in der wir leben wollen? Sind rund 7 Milliarden Menschen nicht einmal in der Lage, einen solch wichtigen Streiter für unser aller Freiheit, in Schutz zu nehmen? Werden wir es klag- und folgenlos hinnehmen, dass ein Staat Rache für die Aufdeckung seiner Verbrechen nehmen kann?
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