Was ist eigentlich ein Volksentscheid und wie kann man ihn nutzen?

von Holger Gräf

Zu den interessantesten Mitteln direkter Demokratie zählen Volks- und Bürgerentscheide. Es gibt sie in allen 16 Bundesländern und in allen Kommunen. Dennoch haben viele Menschen noch nie davon gehört und wer sie kennt, weiß oftmals nicht, wie mächtig diese Instrumente sind.

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Volksentscheid / Bürgerentscheid – was sind die Unterschiede?

Sowohl der Volksentscheid als auch der Bürgerentscheid ist ein Instrument, mit dem der Bürger auch außerhalb von Wahlen, direkten Einfluss auf die Politik nehmen kann. Dabei erstreckt sich der Einfluss des Bürgerentscheids zumeist auf ein kommunales Parlament, während der Volksentscheid seinen Einfluss auf Landesebene ausübt.

Die Vorgehensweise ist in beiden Fällen prinzipiell identisch, wobei man darauf achten muss, dass es länderspezifische Regelungen gibt, die sehr unterschiedlich sein können. Insofern ist diese kurze Erläuterung auch nicht als „Generalfahrplan“ zu sehen, sondern kann lediglich eine grundsätzlich Herangehensweise aufzeigen.

Was kann ein Volksentscheid?

Über einen Volksentscheid kann man prinzipiell alles beschließen, was auch das entsprechende Landesparlament beschließen kann. In einigen Bundesländern sind hiervon allerdings Änderungen der Landesverfassungen ausgenommen. Zudem darf der Antrag, über den in einem Volksentscheid abgestimmt wird, selbstverständlich kein höherrangiges Recht (etwa Regelungen des Grundgesetzes) verletzen. Ansonsten ist alles möglich. Ein erfolgreicher Volksentscheid ist einem Gesetz, das innerhalb des entsprechenden Landesparlaments verabschiedet wird, gleichgestellt oder sogar überstellt. Dies kann in extremen Fällen bis zur Abberufung des gesamten Parlaments oder der Landesregierung gehen. Selbstverständlich muss sich der Gesetzesentwurf im Rahmen der Landeszuständigkeit bewegen. Gesetze, die dem Bund vorbehalten sind, können auf diese Weise nicht beeinflusst werden.

In aller Regel werden über Volksentscheide solche Gesetze am Parlament vorbei verabschiedet, die aus irgendeinem Grund von diesem Parlament nicht aufgegriffen oder ablehnend entscheiden werden. In manchen Fällen richten sich Volksentscheide auch gegen bereits verabschiedete Gesetze und zielen somit auf eine Gesetzesänderung oder gänzliche Revision ab.

Wie geht man vor?

Grundsätzlich ist es immer ratsam, sich zunächst an den zuständigen Landeswahlleiter zu wenden und bei ihm die genaue Vorgehensweise zu erfragen. Die Erfordernisse sind von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich geregelt. In den meisten Fällen geht dem Volksentscheid zunächst ein Volksbegehren voraus; manchmal ist diesem jedoch noch ein Antrag auf Volksbegehren vorgeschaltet. In einigen Bundesländern wird das Volksbegehren als Volksinitiative bezeichnet.

Ein Volksbegehren gilt als erfolgreich, wenn es die nötigen Unterstützungsunterschriften bekommen hat. Auch hier gibt es sehr unterschiedliche Regelungen, wie viele Unterschriften man exakt benötigt. Es muss aber klar sein, dass die Unterzeichner vom zuständigen Wahlleiter ermittelbar sein müssen, da nur Unterschriften von Wahlberechtigten gezählt werden. Der Name und die Unterschrift alleine reicht also nicht aus. Zudem erstellen einige Wahlleiter spezielle Vordrucke, auf denen die Unterschriften gesammelt werden, während andere auch eine formlosere Vorgehensweise unterstützen. Gerade bei den formlosen Unterschriftenlisten passieren leider die meisten Fehler, weil bestimmte Angaben auf jedem Unterschriftenzettel vorhanden sein müssen.

Ist das Volksbegehren erfolgreich, so hat zumeist in einem zweiten Schritt das Parlament die Möglichkeit, darüber abzustimmen. Erst wenn es den Antrag mehrheitlich ablehnt, wird daraus ein Volksentscheid.

Läuft es auf einen Volksentscheid hinaus, übernimmt nun der zuständige Wahlleiter alle weiteren erforderlichen Schritte. Er druckt die Abstimmungszettel, richtet die Abstimmungslokale ein und lädt alle Wahlberechtigten zur Abstimmung ein. Zudem macht er die Pflichtveröffentlichungen in den dafür vorgesehenen Zeitungen und Internetportalen.

Und das war’s?

Nein, bedauerlicherweise nicht. Jetzt geht die eigentliche Arbeit los. Wenn der Gesetzesantrag nämlich etwas enthält, das den Medien nicht gefällt, werden allerhöchstens die Landesmedienanstalten im Rahmen ihrer Verpflichtungen halbwegs objektiv darüber berichten. Öffentlichkeitsarbeit, die darüber hinaus geht, ist Aufgabe des Initiators. Die meisten Volksentscheide scheitern, weil sie in der Öffentlichkeit kaum bis gar nicht wahrgenommen werden, weil sie als unwichtig eingestuft werden oder sogar, weil die Medien negativ darüber berichten.

Nur jeder zehnte Deutsche weiß, welche Macht er über die Teilnahme an einem Volksentscheid ausüben kann. Die anderen neun gilt es nun zu erreichen und zur Teilnahme zu bewegen.

Weitere Hürden

In fast allen Bundesländern gibt es ein sogenanntes Quorum, also eine Mindestwahlbeteiligung, bei dessen Unterschreiten der Volksentscheid auch dann scheitert, wenn er eigentlich ein recht eindeutiges Ergebnis erzielt. Für dieses Quorum werden Ja- und Neinstimmen separat gezählt, was sein Erreichen noch zusätzlich erschwert.

Fazit

Der Volksentscheid zählt zu den wichtigsten und mächtigsten Mitteln direkter Demokratie. Er wird von allen Bundesländern unter unterschiedlichen Voraussetzungen ermöglicht. Auf Bundesebene steht er nur sehr eingeschränkt zur Verfügung. Hier kann maximal über die Neugliederung des Bundesgebiets abgestimmt werden. Auf kommunaler Gliederungsebene wird er zumeist als Bürgerentscheid bezeichnet und entfaltet seine Wirkung nur auf die jeweilige Kommune.

Ist ein Volksentscheid erfolgreich, tritt das damit beschlossene Gesetz mit sofortiger Wirkung in Kraft.

dieBasis setzt sich dafür ein, dass Volksentscheide auch auf Bundesebene umgesetzt werden und dass allzu hohe Hürden abgebaut werden. Damit würden Volksentscheide zu einem vollwertigen Instrument direkter Demokratie, mit dem die Bürger sich an der politischen Entscheidungsfindung beteiligen könnten.

 

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