Das Bundesverfassungsgericht hat heute der Beschwerde von ARD, ZDF und Deutschlandradio stattgegeben und die Blockade einer Anhebung der Rundfunkbeiträge durch das Land Sachsen-Anhalt beendet. Damit ist der Weg frei, den Bürger noch mehr zur Kasse zu bitten für ein Programm, das er nicht mitgestalten kann. „In einer Demokratie sollen die Menschen, die für die Leistungen bezahlen, die Inhalte und den Preis bestimmen, nicht Parteifunktionäre oder Lobbyisten. Eine Rundfunkwahl seitens der Rundfunkteilnehmer ist die Lösung“, sagt Dr. Harald von Herget, Medienanwalt und Vorstandsmitglied der Basisdemokratischen Partei dieBasis.
Die Rundfunkanstalten begründeten ihre Beschwerde mit dem Hinweis, dass die Blockade der Beitragserhöhung durch Sachsen-Anhalt die Rundfunkfreiheit verletze. Zu dieser gehöre ein Anspruch auf „funktionsgerechte Finanzierung“ des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Sachsen-Anhalt hatte 2020 eine Gebührenerhöhung verhindert, da im Landtag keine Mehrheit dafür gefunden wurde. Ab 2021 soll der Rundfunkbeitrag von 17,50 Euro auf 18,36 Euro im Monat erhöht werden. „Fraglich ist, warum der gegenwärtige Beitrag nicht funktionsgerecht sein soll. Mit der Verfassungsgerichtsentscheidung wurde einmal mehr der Rundfunkteilnehmer übergangen“, kritisiert von Herget weiter.
Baustein aus dem Fundament der Demokratie
Mit der heutigen Entscheidung sei ein weiterer Baustein aus dem Fundament der Demokratie genommen worden. Die Gebühren können künftig auch ohne parlamentarische Zustimmung erhöht werden.
Das Bundesverfassungsgericht ließ bereits nach Eingang der Beschwerde verlauten, dass im Fall des Obsiegens im Verfassungsbeschwerdeverfahren „eine kompensierende Mehrausstattung in späteren Zeiträumen in Betracht kommt“. Mit der „Aussicht auf spätere finanzielle Mehrausstattung“ konnten die Sender ab Januar in „Vorleistung“ gehen, um das erforderliche Programm trotz Unterfinanzierung zu realisieren. Die Richter räumten ein, dass diese Vorleistung nicht auf unbegrenzte Zeit möglich sein wird, aber eben doch mit einer zeitlichen Limitierung.
Kalkulation des Staatsvertrages wird hinfällig
„Hiermit wurde nicht nur signalisiert, dass das Bundesverfassungsgericht der Beschwerde stattgeben wird, sondern auch bei der Entscheidungsfindung Tempo an den Tag legen würde, weil man den Rundfunkanstalten nicht ewig eine Vorfinanzierung zumuten wollte“, stellt von Herget fest. Durch die wahrscheinliche Kompensierung der vorfinanzierten Kosten wird auch die bisherige Kalkulation des Staatsvertrags hinfällig. „Wir müssen damit rechnen, dass es bei einer Erhöhung der Rundfunkbeiträge auf 18,36 Euro nicht bleiben wird, sondern dass der Bürger tiefer in die Taschen greifen muss“, befürchtet der Medienanwalt.
Mit der jüngsten gerichtlichen Auseinandersetzung ist einmal mehr klar, dass durch Einflussnahme von Parlament und Regierung, der öffentlich-rechtliche Rundfunk als Einrichtung besser, wie die Sozialversicherung, durch die Beitragszahler vertreten werden sollte, fordert der Basisdemokrat, der vielen seiner Parteikollegen aus der Seele spricht. Die Bürger als Rundfunk-Teilnehmer müssen das Recht bekommen, die Rundfunkräte selbst zu wählen. Das wäre ein wesentlicher Schritt, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk bei der inhaltlichen Ausrichtung sowie der Budgetentwicklung zu demokratisieren. Das plurale Vielfalt-Gebot und das Gebot der Staatsferne sind in den Rundfunkgesetzen zwar verankert, werden faktisch aber nicht gelebt.
Rundfunkanstalten sind nicht Staatseigentum
In der Bevölkerung ist die Unzufriedenheit über die inhaltliche Ausrichtung der Sendeanstalten, aber auch die mangelnde Akzeptanz der früheren Rundfunkgebühren, heute Rundfunkbeitrag, deutlich spürbar. Es fehlt an Legitimation, wie in der Fachpresse beklagt wird. Was den wenigsten bewusst ist: Die Rundfunkanstalten sind nicht Staatseigentum, sondern das des Volkes, denn dieses zahlt auch die Beiträge. Damit haben die Bürger das Recht zu entscheiden, was mit ihrem Beitrag finanziert wird. Könnten sie den Rundfunkrat selber wählen, hätten sie diese Möglichkeit. Praktisch könnte eine solche Wahl ähnlich wie die Sozialwahlen durchgeführt werden. Wäre der Bürger wieder Herr über die Rundfunkanstalten, könnten die öffentlich-rechtlichen Medien ihren wichtigen Beitrag zur parteiunabhängigen, freien politischen Willensbildung wieder erfüllen. Das „Staatsfernsehen“, das durch Parteifunktionäre und Lobbyisten geprägt wird, wäre endlich nur noch ein Vergangenheitskapitel in der bundesdeutschen Geschichte.