von Holger Gräf
Jeder, der politisch aktiv wird, also etwas an der Politik verändern will, hat natürlich auch ein berechtigtes Interesse daran, dass seine Aktionen eine gewisse Wirkung entfalten. Doch nicht alle Aktionen sind gleich wirksam. Um herausfinden zu können, welche Aktion wirksam ist und welche nicht, ist es hilfreich zu wissen, was die unterschiedlichen, zur Verfügung stehenden Mittel eigentlich sind und welche Wirkung sie entfalten.
Heute beschäftigen wir uns daher mit den allseits beliebten Petitionen.
Was ist eine Petition?
Bei einer Petition (von lateinisch petitio = Ich möchte) handelt es sich um eine Bittschrift (heute auch gerne als Forderung bezeichnet) an jemanden, der eine bestimmte Situation herbeigeführt hat, welche man gerne ändern würde. In der Regel handelt es sich bei politischen Petitionen um eine Bittstellung oder Forderung an eine politische Führung.
Wie reicht man eine Petition ein?
Bis zum Jahr 2005 mussten Petitionen an den Deutschen Bundestag umständlich per Postbrief eingereicht werden. Seit 2005 gibt es die Möglichkeit, eine Petition auch online über die Seite des Petitionsausschusses einzureichen. Wie viele wissen, werden im Bundestag zahlreiche, nein eigentlich zahlLOSE Ausschüsse gebildet. Böse Zungen behaupten, das diene der Beschäftigungstherapie von Hinterbänklern oder zur Aufbesserung des „mageren“ Gehalts eines Bundestagsabgeordneten. Bekannt wurde seit 2020 besonders der Gesundheitsausschuss. Wichtig für Petitionen ist jedoch der Petitionsausschuss.
Und dieser Petitionsausschuss prüft nun erst einmal, ob die Forderung, die in der Petition verfasst wurde, überhaupt vom Bundestag umgesetzt werden kann… oder könnte. Wenn es nämlich um eine Ländersache geht, hilft die beste Petition nichts, solange sie nicht an das zuständige Land gerichtet ist
Wenn alles okay ist, bekommt der Petent einen langen, ausführlichen Brief und seine Petition wird für exakt 4 Wochen online gestellt. Dort kann dann jeder die Petition zeichnen, d.h. mit seiner Stimme unterstützen.
Nun gilt es, ein Quorum zu erreichen. Das ist eine Mindest-Unterstützerzahl. Das Quorum liegt bei 50.000 Zeichnungen. Erreicht die Petition innerhalb von 4 Wochen dieses Quorum nicht, wird sie gelöscht und alles ist, wie es vorher war.
Welche Wirkung erzielt meine Petition?
Wenn eine Petition ihr Quorum erreicht, bekommt man den nächsten langen Brief vom Petitionsausschuss. Dieser enthält eine Einladung. Nun wird nämlich in öffentlicher Sitzung über die Petition entschieden. Vom Petitionsausschuss natürlich nur und nicht vom Bundestag… nur damit niemand zu früh jubelt. Der Petent wird dazu eingeladen und hat auch Rederecht. Am Ende steht die Entscheidung, ob die Petition in den Bundestag zur Abstimmung eingebracht wird.
Manchmal (nicht sehr häufig) kommt der Petitionsausschuss zu dem Ergebnis, dass die Petition dem deutschen Bundestag vorgelegt werden sollte. Sie wird dann behandelt wie ein ganz normaler Antrag zur Abstimmung. Solche Anträge werden ständig in den Bundestag eingebracht. Diejenigen, die von der Regierung eingebracht werden, gehen meistens durch (werden also zu Gesetzen), während diejenigen, die von Oppositionsparteien eingebracht werden, meist abgelehnt werden. Das hat etwas mit der Mehrheitsverteilung im Bundestag zu tun und damit, dass die Regierung immer mehr Stimmen hat, als der Rest.
Und genau, wie über jeden Antrag, der von einer Partei eingebracht wird, wird nun auch über die Petition abgestimmt. Die Bundestag MUSS darüber abstimmen… er muss aber nicht positiv darüber abstimmen.
Ich persönlich habe noch nie erlebt, dass über eine wirklich wichtige Petition positiv abgestimmt wurde. Das ist auch insofern logisch, da es sich bei Petitionen ja ganz bewusst um Anträge handelt, die nicht im Sinne der Regierung sind.
Man macht sich mit Petitionen also unheimlich viel Mühe und Arbeit für praktisch überhaupt keine Wirkung.
So viel zumindest zu den echten Petitionen. Wie jetzt, es gibt auch falsche Petitionen? Ja natürlich. Wenn man seine Petition gar nicht erst an den Deutschen Bundestag richtet, sie also bei openpetition oder change.org einreicht, dann hat sie überhaupt keine Chance, vom Petitionsausschuss behandelt und zur Abstimmung in den Bundestag eingebracht zu werden. Das ist ungefähr so sinnvoll, wie sein Kind erziehen zu wollen, indem man den Hund bestraft (oder belohnt). Niemand käme jemals auf die Idee, solche Seiten dazu zu nutzen, um beispielsweise Strafanzeige zu erstatten. Jeder Mensch weiß, dass man Strafanzeigen an die Polizei oder Staatsanwaltschaft richtet, weil die dafür zuständig sind. Und für Petitionen an den Deutschen Bundestag ist nun einmal der Petitionsausschuss zuständig.
Aber warum starten dann immer wieder Leute solche „Petitionen“? Keine Ahnung… vielleicht als Beschäftigungstherapie?