von Martina Laabe
Am 8.10.2023 wird in Bayern für sieben Bezirkstage und den Landtag gewählt. 15 Parteien stehen insgesamt zur Wahl, aber das Hauptaugenmerk der Öffentlichkeit gilt den bislang im Landtag vertretenen Parteien. Laut derzeitigen Umfragen1 liegt die CSU bei 36 – 38 %, damit ist sie etwa auf gleichem – vergleichsweise niedrigem – Niveau wie 2018. Eine Wahlkampfstrategie schien bislang zu sein, dass der Vorsitzende der Freien Wähler Hubert Aiwanger den bad cop gibt, um ein paar bayerische Rebellen davon abzuhalten, die AfD zu wählen. Eine gestärkte Fraktion der FW wäre allerdings kein Gegengewicht zur CSU, sondern würde unter Markus Söders Druck einknicken, wie es schon in der Vergangenheit zu sehen war. Aiwangers markige Reden scheinen aber jemanden – man spricht von einem der SPD nahen ehemaligen Lehrer Aiwangers – oder gewisse Kreise so sehr gestört zu haben, dass eine andere Wahlkampfstrategie – nach amerikanischem Vorbild, nämlich mit Schmutz zu werfen -, aktuell zu beobachten ist, wobei die Süddeutsche Zeitung sich nicht entblödet, sich zur Schmutzschleuder zu machen. Die Kampagne um das antisemitische Flugblatt sollte dem Vorsitzenden der Freien Wähler schaden, aber das Gegenteil ist offenbar eingetreten. Lagen die FW in der vorherigen Umfrage noch bei 12 %, liegen sie aktuell bei 14 – 16 %. Die Grünen (zwischen 13 und 16 %) und die SPD (8 – 9 %) haben – offensichtlich wegen der desaströsen Ampelpolitik, aber auch wegen der aktuellen Schmutzkampagne – an Beliebtheit verloren. Die Linke und die FDP werden die 5 % Hürde wahrscheinlich nicht knacken. Bleibt noch die AfD, die sich – wie im Bundestrend – zunehmender Beliebtheit erfreut, in dieser Umfrage liegt sie bei 12 -14 %, was für bayerische Verhältnisse ungewöhnlich hoch ist. Als Koalitionspartner kommt sie bislang für niemanden in Frage.
Wie werden die zirka 9,4 Millionen Wahlberechtigten in Bayern wählen? Aus der Perspektive einer Zugereisten ist der Blick auf Wahlen in Bayern natürlich nicht repräsentativ. Als Nicht-Bayerin muss man sich schon wundern, wie sich eine einzige Partei seit Jahrzehnten an der Macht hält, nur gelegentlich bedurfte es eines Koalitionspartners. Geht das mit rechten Dingen zu? Marketingleute verstanden es, aus Bayern und CSU eins zu machen. Es gibt bayerische Wähler, die unbefangen und laut äußern, dass man gar nicht anders könne, als die Christsozialen zu wählen, einfach weil man Bayer sei. Außerdem habe schon der Großvater CSU gewählt. Und nicht zuletzt stehe das Land besser da als alle anderen Bundesländer. Ist das so? Oder entspringen die Lobpreisungen des Landes nicht auch vorrangig den Regierungs- oder regierungsnahen und damit CSU-Quellen?
Skandale in Bayern unter Beteiligung von CSU-Granden? Seit 1946 gab es 65 Untersuchungsausschüsse im bayerischen Parlament.2 In jüngerer Vergangenheit ist die sogenannte Maskenaffäre um Alfred Sauter und Georg Nüßlein weitgehend aufgeklärt worden, beide können ihre hohen Provisionen behalten, die um Andrea Tandler, eine Tochter des nicht ganz unbescholtenen CSU Granden Gerold Tandler, ist noch bei Gericht anhängig. Maßnahmen der bayerischen Staatsregierung zur Eindämmung der sogenannten Pandemie, namentlich die Ausgangssperre 2020, erwiesen sich im Nachhinein als unverhältnismäßig und nicht verfassungskonform. Dazu gab es bislang keine Entschuldigung durch die Verantwortlichen. Personelle Maßnahmen wie die Strafversetzung des kritischen leitenden Amtsarztes Dr. Friedrich Pürner einerseits und die Absetzung der glücklosen Gesundheitsministerin Melanie Huml per Beförderung zur Staatsministerin für Europaangelegenheiten und Internationales andererseits lassen die Bürger staunend bis fassungslos zurück.
„Macht und Missbrauch“ 3 im CSU-Land ist ein altes Thema, jahrzehntelange Herrschaft einer einzelnen Partei führt zu unschönen Verflechtungen. Der Staatsrechtler Hans Herbert von Arnim zeigt in seinem Werk „Die Selbstbediener“ 4 das Selbstbedienungsproblem in Bayern, vor allem der CSU, aber auch der anderen Parteien, auf. Damit die Kleinen nicht die Großen beim Kuchenessen stören, bekommen sie auch ein paar saftige Krumen ab. Das scheint ein erfolgreiches Rezept bis heute zu sein. Die Partei dieBasis setzt dagegen mit einer ihrer vier Säulen auf den wichtigen Aspekt der Machtbegrenzung.
Ein Glück für die bayerische Staatsregierung ist die schlechte und unbeliebte Bundespolitik, ungeachtet dessen, dass die CSU viele Jahre an der Vorgängerregierung beteiligt war. Ministerpräsident Markus Söder kann sich risikolos als Kritiker der Berliner Politik gerieren, ein altes bayerisches Spiel, welches auch schon seine Vorgänger beherrschten. Mit Blick auf die Bundestagswahl 2025 wäre ein starker Söder durchaus noch einmal ein ernstzunehmender Kanzlerkandidat. Allerdings ist dieser Coup bislang noch keinem bayerischen Kandidaten gelungen. Wahrscheinlich eine Reaktion der „Preiß’n“ auf das „Mir san mir“.
Ein „Weiter so!“ also für Bayern? Höchstwahrscheinlich. Wenn die Bürger sich nicht endlich ein Herz fassen und dem Rat von Arnims 5 folgen: Volksbegehren und Volksentscheid könnten vorbei an der politischen Klasse zu Reformen führen. Die Bürger selbst könnten deren Selbstermächtigung beenden und das Vertrauen in die Demokratie stärken. Statt Resignation tue politisches Engagement not, auch innerhalb der Parteien. Dafür steht dieBasis mit ihrer Idee von Basisdemokratie. Die Wähler sollen ihre Stimme nicht einfach „abgeben“, sondern dauerhaft behalten bei mehr direkter Demokratie.
Dummdreiste Wahlaufrufe wie „Opa, bitte wähl‘ für mich!“ (die Grünen) oder politisch inhaltsleere Kampagnen wie „Söderisst“ zeigen beispielhaft, dass diese Parteien die Bürger nicht ernst nehmen. 15 Parteien stehen am 8.10. zur Wahl. Da sollten die Wahlberechtigten in Bayern genauer hinschauen, ob es nicht interessante und lebenswertere Alternativen zum „Weiter so!“ gibt. Es wird Zeit die Macht der alten Garden zu beschränken und es wird Zeit für eine Weiterentwicklung der repräsentativen Demokratie zu mehr Bürgerbeteiligung. Deshalb am 8.10. dieBasis wählen!
1 https://www.deutschlandfunk.de/landtagswahl-bayern-2023-prognosen-kandidaten-parteien-100.html
2 https://www.sueddeutsche.de/bayern/untersuchungsausschuss-vorsitz-landtag-regierung-bayern-stammstrecke-1.5696433
3 Wilhelm Schlötterer: Macht und Missbrauch. Franz Josef Strauß und seine Nachfolger. Aufzeichnungen eines Ministerialbeamten. 2009.
4 Hans Herbert von Arnim: Die Selbstbediener. Wie bayerische Politiker sich den Staat zur Beute machen. München 2013.
5 ebd. S.190f.