Tag der deutschen Einheit

Quo vadis Deutschland?

von Christina Kade

Als am 3. Oktober 1990 – dem Tag der deutschen Einheit – aus der DDR und der Bundesrepublik Deutschland ein gemeinsames Land entstand, wuchs zusammen, was zusammen gehört. So dachten viele wohl. Damit verbunden war die Hoffnung auf eine bessere Zukunft – vor allem für alle Menschen aus den „neuen“ Bundesländern. Es war eines der stärksten Symbole für den Fall des eisernen Vorhangs.

Leider zeigt schon die Verwendung von Begriffen wie „neue Bundesländer“ deutlich, dass nach wie vor eine Grenze in den Köpfen der Menschen existiert. Immer noch findet häufig eine Teilung in Ost und West statt. Das Land ist nach wie vor geteilt und inzwischen nicht mehr nur in geografischer Hinsicht. Natürlich trauen sich nur wenige Politiker, die geografische Herkunft für pauschalisierende Aussagen heranzuziehen und damit ihre Geringschätzung für ganze Bevölkerungsteile zum Ausdruck zu bringen. Dennoch ist gesellschaftliche Spaltung inzwischen offenbar ein probates Mittel für die politische Meinungsäußerung.

Was früher der Graben zwischen Ost und West war, das wurde im Jahr 2020 der Graben zwischen sogenannten Querdenkern und den „besonderen Helden“. Inzwischen ist es der Graben zwischen „Putintrollen“ und Unterstützern der Ukraine. Doch die Spaltung erstreckt sich nicht nur auf die „großen“ Themen, mit denen uns die Leitmedien tagtäglich beschäftigen. Sie findet auch im kleinen statt – beispielsweise beim Gendern der deutschen Sprache.

Der Osten als „Problemzone“

Auffallend häufig regt sich ausgerechnet im Osten des Landes großer Widerstand, wenn die Regierung ein neues Narrativ ausgibt. Die Dichte an „Querdenkern“ und „Putintrollen“ scheint dort besonders hoch zu sein. Was – abseits dieser Vorurteile – nur selten geschieht, ist ein Blick über den Tellerrand. Das Narrativ steht über allem und darf am besten „niemals hinterfragt werden“.

Jetzt jährt sich der Tag der Wiedervereinigung zum 32. Mal. Doch das Land oder besser gesagt, die Gesellschaft ist gespaltener denn je – nicht in eine, sondern in viele Gruppen. Alle gegen alle – jeder gegen jeden, könnte das aktuelle Motto lauten. Man verbündet sich höchstens zu einem bestimmten Zweck und kann dann der eigenen Blase kaum noch entrinnen, weil das Narrativ und das entsprechende Pendant sich wie zwei erbitterte Rivalen gegenüberstehen und keiner einen Millimeter Boden hergeben möchte. Die Kommunikation ist nur noch in festgefahrenen Mustern möglich, die häufig in Beleidigungen eskalieren.

So hatten sich die „Ossis“ die Wiedervereinigung wohl kaum vorgestellt. Die rosarote Brille, die „den Westen“ zum gelobten Land verklärt hatte, ist der nüchternen Realität gewichen. Hohe Arbeitslosigkeit, Landflucht und natürlich auch eine Abwanderung in den Westen, wo man auf Arbeit hofft, sind die bittere Realität in großen Teilen Ostdeutschlands.

Dabei zog im Jahr 2005 sogar eine Politikerin aus der ehemaligen DDR ins Kanzleramt ein. Ein gutes Omen, um die Spaltung zu überwinden, sollte man meinen. Tatsächlich hatte sie wohl einfach Glück, auf den entsprechenden Zeitgeist zu treffen und vor allem, dass die SPD des scheidenden Kanzlers Gerhard Schröder keinen ebenbürtigen Nachfolger präsentieren konnte.

Natürlich wurden auch unter seiner Kanzlerschaft viele Fehler begangen. Einer davon war die Einführung des Arbeitslosengeldes II – Hartz IV – und dann sind da natürlich die unrühmlichen Kriegsverwicklungen, die von der damaligen Friedenspartei – Die Grünen – als Koalitionspartner mitgetragen wurden.

Trotzdem dürften die letzten Jahre besonders zur Entzweiung der Gesellschaft und ihrer vielfältigen Gruppen einen besonderen Beitrag geleistet haben. Dabei spielt die Art und Weise, wie man mit den Bürgern umgeht und sie häufig wie unmündige Kinder anspricht und behandelt eine große Rolle spielen. Vielleicht hat gerade dieses Verhalten bei vielen ehemaligen DDR-Bürgern unbehagliche Déjà-vu-Momente ausgelöst.

Wer erinnert sich nicht an die „hilfreichen Tipps“ einer Henriette Reker, die den Opfern sexueller Übergriffe in der Silvesternacht von 2015 eine Armlänge Abstand empfahl? Diese Art mit den Menschen zu sprechen hat sich seither inflationär verbreitet und wird inzwischen häufig von Kampfbegriffen begleitet, die jede Opposition im Keim ersticken sollen.

2020 ging dieser Umgang der Politik mit den Menschen schließlich wortwörtlich „viral“.

Es ist ernst, nehmen Sie es ernst.“

– Angela Merkel

Das waren die Worte, die Angela Merkel so oder so ähnlich in mehr als einer Fernseh-Ansprache an die Bürger dieses Landes richtete. Sie wirkte dabei weniger wie eine Kanzlerin als vielmehr wie eine Lehrerin und bisweilen wie eine Kindergärtnerin, die einem Kind erklärt, wieso es bestimmte Dinge jetzt nicht mehr dürfe.

Nur leider waren „diese unbedeutenden Dinge“, die uns entzogen wurden, ein Teil unserer Grundrechte. Rechte die eigentlich unantastbar sein sollten, wurden seither bestenfalls bedingt oder unvollständig wiederhergestellt. Den vorläufigen Gipfel erreichten wir im Winter 2021/2022, als bestimmte Aktivitäten nur noch geimpft oder genesen ausgeübt werden konnten.

So etwas hatte es selbst in der DDR nicht auf diese Weise gegeben. Jeder der dort gelebt hat, wird sich möglicherweise an sehr unbehagliche Dinge erinnern, aber ein Bußgeld zu kassieren, weil man auf einer Parkbank in der Sonne sitzt – wie 2020 geschehen –, gehört sicher nicht dazu. Was hingegen dazu gehört, ist das Denunziantentum, das seither eine Renaissance in Deutschland erlebt und das nicht nur in der DDR unrühmliche Ausmaße angenommen hatte.

Ein kleiner Piks für die Menschheit

Deutschlandkarte im Mosaikstil - Viele bunte kleine Teile

Neu hingegen ist die Strategie, mit der man den Bürgern die Welt erklärt und vor allem die Mittel, mit denen man das versucht. Viele Menschen fühlen sich auf den Arm genommen, um es höflich auszudrücken. Eine nie dagewesene Infantilisierung hat in die Erklärungen der Politik Einzug gehalten. Diese wird begleitet von Panikpropaganda, die sich auf pseudowissenschaftliche Modellrechnungen stützt, von denen kein einziges Szenario die tatsächlich eingetretene Realität widerspiegelt.

Zu Beginn hat man sich vielleicht noch die Mühe gemacht, so etwas wie ein Ziel auszugeben, wenn „eines der Kinder“ fragte, „Sind wir bald da?“ Inzwischen hat man sich dieser Mühsal weitestgehend entledigt. Man formuliert andauernd neue und teilweise sogar widerstreitende Behauptungen, ohne dass viele Menschen diese hinterfragen würden.

Die „Impfung“ gegen Covid-19 ist hierfür ein sehr gutes Beispiel. Hieß es zunächst, wenn jeder ein Impfangebot erhalten habe, könne man die Maßnahmen beenden, so hielt man es dennoch für notwendig eine sicherlich kostenintensive und breite Werbekampagne für die Impfung zu platzieren. Erstaunlicherweise ohne den für „Arzneimittel“ üblichen Hinweis:

„Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker.“

Dafür sprach man häufig von einem „kleinen Piks“, einer absoluten Verharmlosung für eine Therapie, die in keinem Punkt auch nur ansatzweise das gehalten hat, was versprochen wurde. Trotzdem verunglimpft man weiter die Menschen auf Montagsdemonstrationen als „Nazis“ oder „Rechtsextremisten“. Sowohl die Montagsdemonstrationen als auch die Herabwürdigung der Teilnehmer hat ja Tradition.

Sozialistische Politik anstelle von Sozialpolitik

Als die Demonstrationen vor 33 Jahren in Leipzig begannen, da hätte sicher niemand geglaubt, dass sie in einem vereinten Deutschland wieder aufleben und sie anstelle eines Zusammenhalts dieses Mal die Spaltung der Gesellschaft offenlegen würden. Denn während in der DDR den meisten Bürgern klar war, dass die Presse im wesentlichen das Sprachrohr der Politik ist, nehmen Teile der Bevölkerung in Deutschland die Leitmedien tatsächlich ernst.

Die Politik ist dementsprechend auch weniger zurückhaltend in ihren Äußerungen und nutzt den Riss, der durch die Gesellschaft geht schamlos aus, indem sie bestimmte Gruppen marginalisiert und sich nicht zu schade ist „rote Linien“ zu überschreiten.

Doch Corona war nur der Testlauf. Während des Konfliktes zwischen Russland und der Ukraine wurde sehr deutlich, dass die Politik keineswegs vor hat ihren Amtseid zu erfüllen und „Schaden vom deutschen Volk abzuwenden und seinen Wohlstand zu mehren.“ Darüber kann auch keines der Entlastungspakete hinwegtäuschen, die allesamt ungeeignet sind, den Menschen wirklich nachhaltig zu helfen.

Kinder an der Macht

Immer deutlicher tritt hingegen zutage, dass die Regierung kein Interesse an der Entschärfung der selbst verschuldeten Energiekrise hat und die daraus resultierenden Preisexplosionen wirklich abzufangen. Darüber können auch sprachliche Höchstleistungen wie „Doppelwumms“ kaum hinwegtäuschen, mit denen die Regierung nun das 200 Mrd.-Paket zur Gaspreisbremse betitelt. Hier werden nicht die Gaspreise auf dem Weltmarkt entschärft, indem das Angebot erhöht wird. Stattdessen werden Steuergelder verausgabt. Schlimmer noch, Kredite sollen die Lösung sein. Noch mehr Schulden, die die Generationen nach uns belasten. Zumindest erspart man uns dieses Mal Euphemismen wie beim 100 Mrd. „Sondervermögen“ für die Bundeswehr.

Dennoch kommt diese Äußerung zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, wenn man die zeitnahe Sabotage der Nordstream-Pipelines bedenkt. Überraschenderweise halten sich Regierungsvertreter beeindruckend deutlich zurück, wenn es um diesen Vorfall geht. Natürlich gibt es Versprechen, den Schuldigen zu finden und die Leitmedien wissen bereits, dass Russland am meisten davon profitiert. Woher man das weiß und wie dieser Profit aussieht, bleibt allerdings unklar.

Wem das noch nicht kindisch genug ist, der darf sich gerne von unserem wirtschaftsministernden Kinderbuchautor erklären lassen, wie die Welt funktioniert. Da ist es wenig überraschend, dass die Ampel in zehn Monaten bereits eine Schneise der Verwüstung in unserem Land und in der Gesellschaft hinterlassen hat. Ob in drei Jahren zum Ende der Amtszeit unserer aktuellen Regierung noch etwas übrig ist, von unserer Wirtschaft, von der hoch gelobten Solidarität, von unserer Umwelt, die mehr und mehr dem Kampf gegen den Klimawandel untergeordnet wird oder von unseren sogenannten „westlichen Werten“, kann sich vermutlich jedes Kind ausmalen.

Bis zum bitteren Ende

Denn obwohl Deutschland in diesem Jahr bereits mehr als eine Million Flüchtlinge aufgenommen hat – vornehmlich aus der Ukraine – ist das offenbar unzureichend. Neben finanzieller Unterstützung werden außerdem immer mehr Waffen gefordert. Doch so langsam entpuppt sich das Ganze als Fass ohne Boden, denn um einen Bankrott zu vermeiden, benötigt die Ukraine sehr viel mehr Geld. Nach dem Willen der USA soll dieses aus der EU kommen.

Im Klartext bedeutet das, am Ende soll Deutschland immer mehr in die Ukraine investieren, obwohl die Verschuldung bereits jetzt immer neue Dimensionen annimmt.

Wer glaubt, die Waschlappen der Nation würden dem eine Absage erteilen, der wird vermutlich eine herbe Enttäuschung erleben. Wenigstens das hat die „Rhetorik“ und die „Diplomatie“ unserer Außenministerin in den letzten Monaten sehr deutlich offenbart. Durfte man früher oft über die infantilen Äußerungen schmunzeln, wird wohl inzwischen vielen das Lachen im Hals steckenbleiben, bei dem was unsere oberste Diplomatin in der Öffentlichkeit bekannt gibt.

Stattdessen glänzt unsere Führungsebene mit Wasch- und Energiespartipps, die viele Menschen ungläubig mit ihrer Verzweiflung zurücklässt. Demgegenüber steht eine große Zahl von Bürokraten, Beamten und Politikern, denen kein Preis zu hoch ist, um Krieg zu führen.

Dazu gehört auch der bereits angedeutete wirtschaftliche Abschwung, dem schon jetzt einige mittelständische Unternehmen zum Opfer gefallen sind und dementsprechend tausende Arbeitsplätze. Das ist die logische Konsequenz einer verfehlten Politik, die national ebenso wie auf EU-Ebene betrieben wird. Ein gutes Beispiel stellt dabei das Merit-Order-Modell dar, das effektiv zu einem Preisanstieg der Stromkosten führt. Dabei wird der Marktpreis für Energie durch das Kraftwerk bestimmt, das die höchsten Grenzkosten aufweist und zur Deckung des Bedarfs notwendig ist. Aufgrund der deutschen Energiepolitik sind das im Moment Kraftwerke in denen Gas verstromt wird. Andere Länder decken ihren Bedarf häufig durch Kernenergie, sodass diese EU-Regelung vor allem Deutschland sehr hart trifft.

Ob ein Ende der Gasverstromung schon absehbar ist, scheint zweifelhaft. Selbst der Weiterbetrieb von drei Atomkraftwerken wird das wohl kaum verhindern. Die von den Grünen propagierte Energiewende zu den sogenannten erneuerbaren Energien wird auch in naher Zukunft keine Rettung bringen, denn immer noch sind die Speicherkapazitäten völlig unzureichend. Wer allerdings weitere Kernkraftwerke fordert oder auch nur bezahlbare Energie im Allgemeinen, vielleicht sogar bezahlbare Heizkosten, der findet sich in der Schublade der Putintrolle wieder.

Deutschland uneins Kindergartenland

Also kaufen wir wohl künftig teures Frackinggas aus den USA. Manch einem mag das Fracking im eigenen Land als preiswertere Alternative in den Sinn kommen, aber sollten wir diese Büchse der Pandora wirklich öffnen? In den USA wurden bereits massive Umweltschäden registriert, wie beispielsweise die Verunreinigung von Grundwasser, aber auch Oberflächenwasser. Konzernen wird vorgeworfen, sie hätten zehntausende Gallonen Fracking-Abwasser, das mit Chemikalien versetzt war, im Boden versickern lassen.

Wer sieht, welchen Kampf viele aktuell austragen müssen, um einen Impfschaden anerkennen zu lassen, kann so etwas eigentlich nicht ernsthaft in Betracht ziehen, wenn auch nur die Möglichkeit von Umweltschäden durch Fracking besteht. Wenn Politik und Presse hier einmal auf den Geschmack gekommen sind, dann haben wir nämlich noch ein Problem mehr. Den Kampfbegriff, den man etwaigen Gegnern und Montagsdemonstranten dann andichten wird, wollen wir uns besser noch nicht vorstellen.

Denn anders als vor 33 Jahren ist die Macht der Presse noch deutlich spürbar. Das liegt auch daran, dass sie clever genug agiert, um hin und wieder einen Feigenblattartikel einzustreuen – je nach Medium. So wird den Menschen ein Diskurs vorgegaukelt, der sich allerdings in festen Bahnen abspielt. Das Resultat ist der Machterhalt eines bestimmten Parteienblocks, weil viele Menschen sich der Spaltung ergeben haben oder es schlicht leid sind sich mit den Äußerungen fachfremder politischer Ressortleiter auseinanderzusetzen.

Am 32. Jahrestag der deutschen Einheit kann also von Einigkeit keine Rede sein. Wie es um das Recht und die Freiheit bestellt ist, werden wir sicher bald wieder schmerzlich erkennen, wenn uns die politisch korrekten Oberkindergärtner in gute und schlechte Bürger aufteilen und festlegen, wer welches Grundrecht noch ausüben darf.

Ist das die Gesellschaft in der wir leben wollen? Wir müssen uns nicht einig sein, um zusammen zu stehen. Wir können dennoch gemeinsam etwas bewegen und alle davon profitieren. Gerade auch der Diskurs ist doch ein sicheres Zeichen einer gesunden Demokratie. Viel wichtiger ist doch, dass alle sich Gehör verschaffen können, damit die Bedürfnisse aller Menschen Berücksichtigung finden.

 

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